Bereits jetzt werden mir täglich neue Artikel zu Influencer-Trends auf diversen Plattformen ausgespielt. Alles redet von Micro-Influencern, IGTV, Chatbots, AI und Influencer-Marketing im B2B Bereich. Als ich dann vor kurzem mit über 70,000 Leuten an der grössten Tech Conference Europas war, suchte ich vergebens nach dem Wort Influencer im Programm. Die Rede war vielmehr von Content Makers. Denn schliesslich versteht es im Moment niemand besser Content für Social Media zu entwickeln, als die Leute, die wir alle erst kennen gelernt haben, weil sie eben so guten Content auf Social Media machen. Nun sitze ich im Flieger nach Zypern und lasse beim Versuch einen Influencer-Marketing Trend 2019 zu prognostizieren - von kleinen Turbulenzen unterbrochen - die vergangenen 10 Monate Revue passieren. So konnte ich mir zu Beginn des Jahres noch nicht im geringsten Ausmalen, was da auf mich zukam.
Die zweite Ausgabe unserer Konferenz WebStage Masters stand bevor, bei der über 40 Experten zum Thema Social Media und Influencer Marketing auf Rund drei Bühnen neuste Studien, Best Practices und spannende Keynotes präsentierten. Bereits hier war es eine Herausforderung ein knappes Jahr im Voraus Speaker und Themen zu finden, die in einer noch so jungen Disziplin bis zur Durchführung der Konferenz im Oktober nicht an Relevanz verlieren.
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So startete das Jahr 2018 mit der umfassenden Anpassung des Algorithmus auf Instagram und Facebook, welcher die Reichweiten nicht nur bei den Brands, sondern auch bei vielen Influencern einbrechen liess. Snapchat hatte sich von seinen letzten Experimenten nicht mehr erholt und während YouTube in der Schweiz immer mitschwimmt, aber nie im Zentrum steht, so holte Facebook dann mit IGVT zum nächsten Schlag aus. Dazwischen sorgte die App Vero für Furore, doch die Plattform verschwand so schnell wieder wie sie kam. Auch Twitter ist und bleibt in der Schweiz wohl eine Branchen-Plattform für Kommunikations- und PR-Profis und wird den Sprung in die breite Masse nicht mehr schaffen. Vielversprechender ist da Pinterest. Die Plattform setzt stark auf den Aufbau der Community und tourt mit Workshops für Influencer durch ganz Europa.
Mit überwiegend weiblichen Nutzern (79%) zwischen 24- und 35 Jahren und keinerlei Werbung hat Pinterest bereits heute knapp eine Million aktive Nutzer in der Schweiz, doppelt so viele aktive Nutzer wie Twitter und ist für viele Blogger im Food, DIY und Interior Bereich bereits heute eine der grössten Traffic-Quellen. Da sich extrem viele Influencer-Kampagnen an genau diese Zielgruppe richten, ist Pinterest somit - noch vor dem ersten Getränkeservice an Board - mein heissester Anwärter auf den Influencer-Marketing Trend 2019.
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Der erste Kaffee ist getrunken und ich gebe mich noch nicht zufrieden. Weiter geht es also mit dem Rückblick. Während zu Beginn des Jahres die Maxime bei allen Anfragen die «Steigerung der Awareness» war, so wendete sich das Blatt Mitte Jahres hin zu Micro-Influencern, die rückblickend sicher das Trendthema 2018 waren und auch 2019 nicht an Relevanz verlieren werden.
Mit diesen zwei Trends kamen aber auch zwei Probleme. Awareness baut man durch Reichweite auf. Ein Thema das in einem so stark (sprachlich) fragmentierten Markt wie der Schweiz nicht ganz einfach ist. Die Schweizer Reichweiten vieler Schweizer Influencer liegen zwischen 3 – 25%, die übrigen Follower stammen aus anderen Ländern, in denen die jeweilige Sprache gesprochen wird. Da viele Kunden dieses Jahr erste Gehversuche mit Influencer-Marketing starteten, entsprach auch das Budget oft dem eines Pilot-Projekts. Und so lässt sich mit 5 Influencern à 30‘000 Follower keine signifikante Reichweite in einem 8 Millionenzielmarkt aufbauen.
Die zunehmende Bedeutung des Influencer-Marketings ist auch an den Medien nicht vorbeigezogen. So haben Kunden vielerorts ihr Budget für Publi-reportagen durch Influencer Kampagnen ersetzt. Entsprechend hitzig wurde das Thema in den Medien an den Pranger gestellt, immer gut untermalt von ein paar «Worst Practice» Beispielen. Fake Follower, mangelnde Werbekennzeichnung und geheuchelte Realitäten wurde den Influencern vorgeworfen, nicht nur zu Unrecht.
Mit dem Sommer kamen die Micro-Influencer. Die kleinen Influencer (in der Schweiz bis zu 5,000 Follower) sind lokal verankert, näher an ihrer Community dran und begeistern mit Engagement-Raten im zweistelligen Prozentbereich. Dazu kam noch, dass Micro-Influencer sicher viel günstiger sein mussten als ihre grossen Geschwister. Eine Win-Win Situation also. Die Marken fingen also an die Micro-Influencer in Produkten zu bezahlen und die sogenannten Seeding Kits im großen Stil über ihre PR Agenturen (oder den Lehrling im Team) zu verschicken. Was darauf folgte war nicht etwa ein Meer an «authentischem» Gratis-Content, sondern eine Dauerwerbesendung in den Insta-Storys, wo Influencer jeden Morgen bis zu sieben Pakete von Brands auspacken. Neben dem Risiko in dieser Flut an Produktplatzierungen unterzugehen, haben so manche Marken auch lernen müssen, was passiert, wenn man die Gratisprodukte ohne saubere Vorselektion an Influencer verschickt. So erhielten vegane Influencer nicht vegane Foodboxen, Influencer, die kein Alkohol trinken ganze Magnumflaschen und Influencer, die sich lautstark für Nachhaltigkeit einsetzen Produktmuster, die liebevoll in fünf Schichten Plastik gehüllt wurden. Die Abrechnung in den Insta-Storys liess da nicht lange auf sich warten.
Nun kann man argumentieren: There is no such thing as bad PR, aber diese Weisheit stammt wohl aus derselben Ära, als «Sex Sells» noch die Marketing Weisheit schlechthin war. Wir sind in einer Zeit angekommen, in der ein Hashtag ein paar der mächtigsten Männer der Unterhaltungsbranche zu Fall bringt. In der Bilder von Avocadotoasts einen unvorhersehbaren Hype um die Frucht lostreten, was die Ressourcen in den Anbauländern um ein Vielfaches übersteigt. Doch genau hier schliesst sich der Informationskreis dieser Generation wieder. Denn die gleichen Leute, die sich für eine gesunde und ausgewogene Ernährung interessieren sind es in der Regel auch, die sich für faire und vor allem nachhaltige Produkte einsetzen. Und genau diese Influencer sind es dann, die über die Bedingungen aufklären und in ihren Beiträgen konkrete Tipps geben, was man tun kann.
Und genau darin sehe ich meine Prognose für 2019. Marketers haben verstanden, dass Werbung kein Monolog sein darf. Auch der Versuch aktuelle Social Media Trends aufzugreifen und mit ein bisschen Eigenwerbung angereichert wieder zu servieren, ist schon so manchen Brands um die Ohren geflogen (Pepsis Versuch mit dem gecaste- ten #alllivesmatter Werbespot vor zwei Jahren dürfte wohl das beste Beispiel sein). Viele Marken und Influencer versuchen sich also im Dialog. Während für einen echten Dialog Chatbots und Kontaktformulare wohl kaum der richtige Weg sind, so kommt zumindest Bewegung in die Denkweise.
Der wahre Trend 2019 sollte aber ein Kommunikationskreislauf sein. Ein Kreislauf, in welchem die Influencer bereits bei der Produkt- oder Storyboard Entwicklung zur nächsten Kampagne miteinbezogen werden. Ein Kreislauf in welchem die Influencer ihre Community aktivieren, um live Feedback zu neuen Ideen, Farben, Geschmäckern und Materialien zu erhalten. Ein Kommunikationskreislauf in welchem die PR-, mit der Marketingabteilung und diese mit den Produktmanagern redet. Und ein Kommunikationskreislauf in dem der Community Manager, der Tag täglich an vorderster Front mit den Kunden redet, im Unternehmen Gehör findet. Mein Trend 2019 ist also viel mehr ein Plädoyer für einen Kommunikationskreislauf, in dem jeder mit seiner Expertise seinen Platz findet.
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Tanja Herrmann ist die Gründerin und Geschäftsführerin der auf Influencer-Marketing spezialisierten Digital-Agentur WebStages. Die management- und softwareunabhängige Agentur hat ihren Sitz im Zürcher Seefeld. Das gesamte Team begleitet Kunden bei ihren Influencern-Projekten in allen Landessprachen der Schweiz und im gesamten DACH-Raum. Von der Konzeption über die Selektion, zu Gagen- und Vertragsverhandlungen, dem Kampag- nenmanagement bis hin zu individuell aufbereiteten Reportings und Workshops, bietet die Agentur alle Influencer-Marketing Dienstleistungen aus einer Hand. Neben den Kampagnen die WebStages für Kunden wie die Migros, Ubisoft oder BIC umsetzt ist WebStages auch der Veranstalter der grössten Social Media und Influencer-Marketing Konferenz der Schweiz: den WebStage MASTERS.