Wenn sich Influencer gegenüber ihren Follower öffnen, können auf Seite der Follower Freundschaftsgefühle entwickelt werden. Dies kann schlussendlich zu einer einseitig geführten Freundschaft (sog. parasoziale Beziehung) führen.
Self-Disclosure
Was Influencer von Celebrities wie Sportlern oder Schauspielern unterscheidet, ist die Nähe zu ihrer Audience. Es ist nicht außergewöhnlich, dass ein Influencer seine Follower über den Tod eines Familienmitglieds oder über eigene mentale Probleme informiert. Dieses freiwillige Teilen von intimen und persönlichen Gefühlen, Gedankengängen oder Ereignissen kann als Self-Disclosure bezeichnet werden. Bei dieser Self-Disclosure wird dabei zwischen Breite (Anzahl der angesprochenen Themen) und Tiefe (persönliche Relevanz der Themen) unterschieden.
Shane Dawson ist für seine emotionale Nähe zu seinen Follower bekannt und hat eine starke Community, die ihn laufend unterstützt. In diesem Video teilt er seinen Fans seine Bisexualität mit.
Wie die Self-Disclosure zu einer parasozialen Beziehung führen kann
Eine mögliche Folge von Self-Disclosure ist, dass sich die Follower mit dem Influencer stärker verbunden sehen und ihn schlussendlich sogar als realen Freund wahrnehmen können. Denn erzählt ein Influencer von persönlichen und intimen Themen, kann dies vom Follower als angebotene Freundschaft interpretiert werden. Ist eine solche Freundschaft vorhanden, kann man von einer parasozialen Beziehung zwischen Follower und Influencer sprechen. Die parasoziale Beziehung kann als einseitige Freundschaft zwischen einem Individuum und einem Influencer definiert werden. Kennzeichnend dafür ist, dass der Follower den Influencer als realen Freund wahrnimmt, der Influencer kennt jedoch den Follower kaum. Dieses Phänomen ist z.B. auch bei TV-Serien sichtbar: Zuschauer bilden sich im Verlauf der TV-Serie Lieblingscharakter. Wenn sich diese aus der TV-Serie verabschieden oder die TV-Serie selbst ein Ende nimmt, verspüren die Zuschauer oftmals eine Leere in sich, da es sich anfühlt als habe sie ein wahrer Freund verlassen.
Charlie Pace war in der TV-Serie Lost eine der Lieblingsfiguren. Sein tragischer Tod am Ende der dritten Staffel lässt viele Fans verzweifeln.
Folgen von parasozialen Beziehungen
Parasoziale Beziehungen können sich für den Influencer positiv auswirken. So wird einerseits das Engagement seiner Follower erhöht, da seine Community stärker wird. Andererseits wird der Influencer auch als authentisch und ehrlich wahrgenommen, da er sich öffnet und sich somit verletzlich macht. Dies hat zur Folge, dass seine Follower ihm immer stärker vertrauen und seine Meinung wertschätzen.
Auch auf Seiten der Brands können Self-Disclosure und vorhandene parasoziale Beziehungen nützlich sein. Wenn ein Influencer, mit dem seine Follower eine parasoziale Beziehung aufgebaut haben, ein Produkt bewirbt, hat dies positive Auswirkungen auf das Endorsement. Da die Follower dem Influencer vertrauen, steigt ihre Kaufabsicht und Bereitschaft für Word-of-Mouth. Der Vorteil von Influencer Marketing, dass Konsumenten Empfehlungen von Familienmitgliedern und Freunden mehr vertrauen als allen Formen von Werbung, kann also durch die parasoziale Beziehung optimiert und effizient ausgenutzt werden.
Parasoziale Beziehungen mit Brands
Aufgrund der Digitalisierung ist es außerdem möglich, dass Individuen auch mit Brands eine parasoziale Beziehung aufbauen können. Brands können durch die vermehrte Anzahl von sozialen Medien immer häufiger und persönlicher mit ihren Fans interagieren und haben so die Möglichkeit, parasoziale Beziehungen mit ihrer Audience zu erzeugen. Schlussendlich führt dies zu einer organisch erhöhten Kundenloyalität, Brand Love und Kaufabsicht.
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